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2009

"Was Ihr wollt"

Handlung

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Es beginnt mit einem Schiffbruch. Ein Häuflein Überlebender strandet an der Küste Illyriens. Der größte Teil der Schiffsbesatzung ist verschollen, die Zwillingsgeschwister Viola und Sebastian auseinander gerissen. Traumatisiert durch die Ereignisse beschließt Viola, den Spieß umzudrehen und fortan selbst Schein vor Sein zu stellen: Als Mann verkleidet tritt sie in die Dienste des Herzogs Orsino. Die Verwechslungskomödie nimmt ihren Lauf: Orsino, verliebt in die Gräfin Olivia, schickt Viola (alias Cesario) als Liebesboten zur Gräfin, sehr zur Pein Violas, da diese sich selbst in den Herzog verliebt hat. Damit nicht genug, verfällt Olivia ihrerseits nun Cesario (alias Viola). Außerdem wird Olivia heiß begehrt von Ritter Sir Andrew. Unterstützung für sein Werben erhält er von Olivias Onkel Tobias, der mit dem Geld der Nichte seine Saufgelage zu finanzieren gedenkt. Fehlt bloß noch Malvolio, Olivias Verwalter, der die ebenso feste wie irrtümliche Überzeugung hegt, dass Olivia insgeheim ihm haltlos verfallen sei. Eine ausweglose Konstellation entsteht. Erst das Erscheinen von Violas Zwillingsbruder Sebastian vermag das unauflösbare Beziehungsgeflecht zu entwirren: Ironie des Schicksals, dass das Objekt der Begierde zu guter Letzt tatsächlich in beiderlei Geschlechtern existiert. Wie habt ihr denn euch von euch selbst getrennt? Diese ernüchternde Frage bezeichnet den Augenblick der Erkenntnis: Der Doppelgänger wird als Zwilling enttarnt und das furiose Vexierspiel von Schein und Sein findet ein abruptes Ende.

Zum Stück

Der Originaltitel „Twelfth Night“ ist eine Anspielung auf die Epiphaniasnacht als Abschluss der zwölf Rauhnächte. Zu Shakespeares Zeiten
wurde dieser Beginn der Karnevalszeit bereits mit Maskenspielen gefeiert,
in denen die Menschen durch Verkleidung vorübergehend ihre Identität
wechseln. Diese brillante Verwechslungskomödie – wir spielen sie in der
neuen Fassung von Angela Schanelec – ist nicht zufällig noch heute eines
der meistgespielten Stücke der klassischen Theaterliteratur. Sie bezieht
ihre Qualität aus mindestens drei Quellen: Versetzen Sie sich in die Zeiten Shakespeares, wo Frauenrollen ausnahmslos von Männern gespielt
werden durften. Natürlich handelt das Stück nun von einer Frau, die einen
Mann spielt, so dass letztlich ein Mann eine Frau spielt, die einen Mann
spielt. Die Komik ist unvermeidbar.

Die Tatsache, dass Schauspielerinnen auf den Bühnen unserer Tage „zugelassen“ sind, bedeutet aber keinesfalls, dass wir bei dieser Vorlage
auf prallen und zuweilen derben Witz verzichten müssen. Im Gegenteil:
Während Shakespeare geschickt das Publikum bezüglich der Entwicklung
der Handlung und der beteiligten Charaktere mehr wissen lässt, als die
Figuren selber wissen, verkennen letztere – wieder nicht ohne komische
Folgen – oftmals die Identität ihrer Gegenüber. Darüber hinaus verstrickt
der Autor seine Figuren unablässig in schlagfertige Wortgefechte. Exemplarisch sei verwiesen auf Akt 1, Szene 5, in welcher der Hofnarr seine Herrin Olivia für verrückt erklärt, da diese um ihren Bruder trauert, gleichzeitig aber überzeugt ist, dass dessen Seele nun im Himmel sei. Des Hofnarren Äußerung „Take away the fool“ (etwa: „Bringt die Närrische fort“) ist gleich darauf schon wieder eine bewusste Vertauschung von Rollen.

Eine gute Komödie zeichnet sich aber auch dadurch aus, dass sie tragische
Elemente enthält. Da wäre zum einen Gräfin Olivias Verwalter, Malvolio,
eine der wenigen Hauptfiguren Shakespeares aus der Mittelschicht. Da
er ehrgeizig ist, nach Höherem strebt und Ordnung und Disziplin wahren
möchte, was in der damaligen Zeit bei einem Nicht-Adeligen geradezu
verwerflich war, wird ihm von der Bediensteten Maria und Sir Toby so übel
mitgespielt, dass er am Ende des Stücks ein gebrochener Mann ist. Dies
kommt besonders in der Filmversion von Twelfth Night (1996) unter der
Regie von Trevor Nunn zur Geltung. Aber auch die Figur des Hofnarren
sowie die beiden dem Alkohol verfallenen Adligen Sir Toby Belch (etwa:
„Rülps“) und Sir Andrew Aguecheek (etwa: „Bleichwange“) am Hofe Olivias
sind im Grunde tragische, gesellschaftlich gestrauchelte Existenzen.
Barnaby Reich

​

Besetzung

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